Gibt es Licht am Ende des Krisen-Tunnels?
Berlin, 9. September 2020
Berlin, 9. September 2020 – Die Corona-Krise und der Lockdown in Deutschland haben auch die Markt- und Sozialforschungsbranche schwer getroffen und tun es weiterhin. Aber die Ergebnisse der 2. Welle der Corona-Sonderumfrage unter den ADM-Mitgliedsinstituten lassen verhaltenen Optimismus zu.
Die im August durchgeführte Befragung zeigt alles in allem positivere Ergebnisse als die Befragung im April. Während im April noch 87 Prozent der befragten ADM-Institute mit einem krisenbedingten Umsatzrückgang für 2020 rechneten, sind es im August 63 Prozent. 23 Prozent (in der 1. Welle 13 %) gehen inzwischen sogar davon aus, dass sich der Umsatz 2020 auf Vorjahresniveau bewegen wird.
Aber noch immer hat die Corona-Krise die Markt- und Sozialforschungsbranche fest im Griff. Die ausgefallenen Umsätze aus dem ersten Halbjahr sind im zweiten Halbjahr kaum vollständig zu kompensieren. Insgesamt gehen die ADM-Institute für 2020 von einem Umsatzrückgang von 15 Prozent aus. Als Hauptgründe gelten nach wie vor verschobene (87 %) oder stornierte (68 %) Aufträge und die rückläufigen Anfragen zwischen März und August dieses Jahres (82 %). Zudem wurde der Markt für Face-to-Face-Methoden stark beeinträchtigt. 43 Prozent der Institute beklagten auch in der 2. Welle den Einbruch bei Face-to-Face-Befragungen und knapp ein Drittel die Einstellung von Gruppendiskussionen. Die Umstellung auf Online-Methoden konnte zwar einen gewissen Ausgleich bringen, die Verluste konnten damit jedoch keineswegs kompensiert werden, insbesondere da die Mieten der Teststudios, die in der Regel in den teuersten Innenstadtlagen zu finden sind, weiter anfielen.
Kurzarbeit hilft durch die Krise
Zur Überbrückung der Schwierigkeiten ist die Möglichkeit der Kurzarbeit das Mittel der Wahl. 70 Prozent der befragten Institute haben Kurzarbeit genutzt, um speziell die Zeit des Lockdowns und die Zeit danach zu überstehen. Noch immer befinden sich in 42 Prozent der Institute Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit – ein Hinweis darauf, dass Projekte zwar wieder anlaufen, die Rückkehr zu „Vor-Corona-Zeiten“ aber noch auf sich warten lässt.
Digitalisierung im Eiltempo
Einige wenige konnten der Krise zum Trotz oder gar wegen der Krise ihren Umsatz steigern. Doch selbst von der Krise stark gebeutelte Unternehmen können ihr auch Chancen abgewinnen. So erleben 26 Prozent im Zuge der Krise eine Innovationsbeschleunigung und für 23 Prozent hat sie sich optimierend auf Arbeitsprozesse ausgewirkt. Knapp die Hälfte der Institute hat die Zeit dafür genutzt, sich mit neuen und innovativen Untersuchungsansätzen zu beschäftigen. Im Eiltempo wurde die Digitalisierung der Branche weiter vorangebracht, von der diese sicher auch über die Krise hinaus profitieren wird.
Positiverer Ausblick als im Frühjahr
Tatsächlich scheint der Ausblick jetzt positiver als noch im April; immerhin geben jetzt 46 Prozent der antwortenden Unternehmen an, letztlich gestärkt aus der Krise hervorzugehen (1. Welle 33 %). Es ist sicherlich den Hilfsmaßnahmen – insbesondere der Kurzarbeit und den Steuermoratorien – und deren umgehender und umsichtiger Nutzung durch die Institute geschuldet, dass die Reserven noch nicht verbraucht sind. Unter gegenwärtigen Bedingungen reicht die Liquidität bei immerhin 42 Prozent der Unternehmen noch länger als 12 Monate. Allerdings darf auch nicht verschwiegen werden, dass bei gut einem Viertel der befragten Institute nach heutiger Einschätzung die Kassen innerhalb der nächsten drei Monate leer sind. Und natürlich gelten alle diese Schätzungen nur für den Fall, dass kein weiterer Lockdown eintritt.
Appell an die Auftraggeber
Aus unserer Sicht ist jetzt die Zeit, geplante und neue Markt- und Sozialforschungsprojekte zum Laufen zu bringen. Nichts spricht mehr dafür, sie in der Schublade zu lassen, im Gegenteil: Sie sind umso wichtiger, um das Verhalten der Bevölkerung im „New Normal“ zu analysieren und zu verstehen. Hierbei kann die Branche einen erheblichen Beitrag für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft leisten.
Und: Die Branche kämpft seit langem mit einem enormen Preisdruck. Die Krise darf kein Anlass sein, den Preisdruck auf die Institute noch weiter zu erhöhen. Der ADM appelliert deshalb an die Auftraggeber, Preise realistisch zu hinterfragen. Hierbei können unter anderem auch die ADM TransparenzStandards helfen. Denn am Ende kann ein zu günstiger Preis insbesondere zu Lasten der Qualität eines Produkts gehen und auch die Existenz von Unternehmen gefährden. Dies gilt auch und nicht zuletzt für die Markt- und Sozialforschung.
Untersuchungssteckbrief 2. Welle Corona-Sonderumfrage:
Auswahlgrundlage: 69 Mitgliedsinstitute des ADM; Fallzahl: n = 43; Erhebungszeitraum: 24.07. – 19.08.2020; Erhebungsmethode: Onlinebefragung