Rat der Markt- und Sozialforschung
Berlin, 28. Juli 2021
Der Rat der Markt- und Sozialforschung veröffentlicht seine Beschwerdebilanz 2020. Insgesamt ist die Anzahl der eingegangenen Beschwerden und der sonstigen Anfragen in den letzten Jahren deutlich angestiegen.
Es werden zum Teil sehr komplexe und arbeitsintensive Beschwerden von den zwei Kammern bearbeitet. „Damit sind wir unserem Ziel, den Rat als erste Anlaufstelle bei Verstößen gegen Standesregeln, Berufsgrundsätze und Qualitätsstandards zu etablieren, deutlich nähergekommen“, so Raimund Wildner, Vorstandsvorsitzender des Rats.
2020 wurden elf Verfahren eingeleitet. Das sind ebenso viele wie 2018 aber fünf weniger als 2019. Der Rückgang ist sicherlich auch einem Rückgang der Marktforschungstätigkeit aufgrund der Corona-Krise geschuldet. Von den sieben neu eingereichten Fällen konnten fünf abgeschlossen werden. Zwei endeten mit Hinweisen, in zwei weiteren Fällen wurde das Verfahren eingestellt und in einem Fall war das Verfahren unbegründet. 4 der 11 Verfahren beruhten auf Wiederaufnahmeanträgen einer Partei. Das zeigt die Bedeutung, die von den Parteien dem Verfahren beigemessen wird.
Ein Schwerpunkt bei den Beschwerden waren einmal mehr Telefoninterviews. So führte Autodialing dazu, dass die Leitung des anrufenden Instituts unbesetzt war. Ein anderer Fall betraf mehrere Kontaktversuche des Instituts trotz eines ausgesprochenen Verbots. Auch das Verhalten von Instituten gegenüber Online-Panel-Teilnehmern oder einer rekrutierten Befragungsperson sind Thema von Beschwerden, z. B. wurden Vergütungen nicht ausbezahlt oder die Zusammenarbeit wurde vom Institut beendet.
Doch trotz der vergleichsweise etwas geringeren Anzahl an Beschwerdeverfahren ist der Aufwand für die Kammern und die Geschäftsstelle pro Fall weiter steigend. Es werden seitens der Beschwerdegegner regelmäßig Rechtsanwälte einbezogen und verstärkt auch Möglichkeiten genutzt, das Verfahren hinauszuzögern. Das ist auf der einen Seite zu bedauern, weil es die Dauer der Verfahren erhöht. Andererseits zeigt es aber auch, dass die Sanktionen des Rates und hier insbesondere die veröffentlichte Rüge als sehr schmerzhaft wahrgenommen werden.
„Der Rat steht für Redlichkeit und Qualität“ – das ist die zentrale Botschaft des Rats der Deutschen Markt- und Sozialforschung. Der „Rat“, wie er eben auch kurz genannt wird, ist das von den Branchenverbänden ADM, ASI, BVM und DGOF gemeinsam getragene Organ zur Selbstregulierung der Markt- und Sozialforschung. Redlichkeit und Qualität sind zentral für die Bedeutung und die Akzeptanz der Branche, sowohl bei unseren Datenlieferanten wie z. B. den Interviewpartnern, als auch bei den Kunden. Beides hängt eng zusammen, denn ohne Redlichkeit kann es auch keine Qualität geben. Der Rat fördert beides, indem er die Möglichkeit bietet, gegen Verstöße der Regeln vorzugehen, die in den Standards und Richtlinien der Branche festgelegt sind. Jede natürliche oder juristische Person, die als Konkurrent oder in sonstiger Weise von einem regelwidrigen Verhalten eines Markt- oder Sozialforschers betroffen ist, kann sich mit einer Beschwerde an den Rat wenden.
Neue Servicestelle eingerichtet
2021 wurde eine Servicestelle etabliert, die Personen oder Institutionen, die eine Beschwerde einreichen möchten, Unterstützung z. B. bei der Abfassung einer Beschwerde oder der Interpretation der komplexen Richtlinien bietet. Ziel ist es auch, dem oftmals ungleichen Kräfteverhältnis zwischen Beschwerdeführer, häufig Privatpersonen, und Beschwerdegegner, meist Institute, die sich juristisch vertreten lassen, entgegenzuwirken. Im März 2021 wurden mit der Berufung von Hartmut Scheffler als Inhaber der Servicestelle und Andreas Bruckert als Stellvertreter zwei erfahrene Markt- und Sozialforscher mit der Leitung der Servicestelle betraut, so dass diese zum 1. April 2021 ihre Tätigkeit aufnehmen konnte.
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