Die Qualität des Produktes definiert sich vom schwächsten Glied im gesamten Prozess markt- und sozialwissenschaftlicher Projekte her. Deshalb gilt für Markt- und Sozialforschung ein immer breiter und vielfältiger werdender Qualitätsbegriff.
Qualität in der Markt- und Sozialforschung
#2 | Der Qualitätsbegriff
Man könnte annehmen, dass es ein allgemeines Verständnis davon gibt, was Qualität bedeutet und anhand welcher Kriterien Qualität zum Beispiel in der Markt- und Sozialforschung festgemacht werden kann. Also ein Verständnis, auf dessen Basis Denken und Handeln stattfinden und das eine weitere Spezifizierung und Detaillierung nicht notwendig macht. Theorie und Praxis lehren allerdings etwas anderes.
„Qualität wird laut der Norm DIN EN ISO 9000:2015-11 (der gültigen Norm zum Qualitätsmanagement) als ‚Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale eines Objektes Anforderungen erfüllt‘ definiert“ (https://de.m.wikipedia.org – Suchbegriff „Qualität“).
Drei Dinge machen also Qualität nach dieser Definition aus: Es gibt Anforderungen, es gibt relevante Merkmale und es gibt Normen zur Qualität. Genau dies gilt auch für die Markt- und Sozialforschung.
Die Relevanz von Qualität macht nicht zuletzt das Konzept des Total Quality Management deutlich, durch das in Unternehmen Qualität ganzheitlich gesehen wird, höchste Priorität genießt und vertikal wie horizontal über alle Prozesse gedacht, organisiert und gemanagt wird.
Auch dieses Verständnis kann eins zu eins auf die Markt- und Sozialforschung übertragen werden: Qualität als Klammer um alle Prozesse! (umfassend zu diesem Thema siehe: Bernhard Keller, Hans – Werner Klein, Thomas Wirth (Herausgeber); Qualität und Data Science in der Marktforschung, Springer Gabler 2018; ISBN 978-3-658-19659-2 – dort: Seite 3-13: Hartmut Scheffler, Qualität in der Marktforschung – Ein Überblick)
Vom Total Quality-Konzept ist insbesondere auch der Stakeholder-Ansatz erwähnenswert und übertragungswert. Qualität ganzheitlich gedacht muss alle Stakeholder sowie deren Wünsche, Erwartungen und Anforderungen berücksichtigen. Übertragen auf die Markt- und Sozialforschung sind dies vor allem die Kunden, die Mitarbeitenden, die Interviewer*innen, Partnerunternehmen und Unterauftragnehmer. Ein erweiterter Qualitätsbegriff hat dies zu beachten.
Dienstleistungen wie die der Markt- und Sozialforschung sieht man fehlende oder sehr gute Qualität häufig nicht auf den ersten Blick an. Bei Qualität gilt gerade bei Dienstleistungen das Prinzip des schwächsten Gliedes. Wenn die Operationalisierung aufgrund eines falschen Problemverständnisses falsch war, kann die beste Umsetzung in den nachfolgenden Schritten die Qualität nicht mehr retten. Wenn die Grundgesamtheit falsch gewählt wurde, wenn die Stichprobe nicht problemadäquat gezogen wurde, wenn eine entscheidende Frage nicht valide formuliert war, wenn eine falsche Kodierung offener Fragen vorgenommen wurde, wenn wenn wenn: immer ist dann das Ergebnis zumindest suboptimal bis gänzlich falsch. Der Nutzenden können dies aber häufig gar nicht, zumindest nicht auf den ersten Blick, erkennen. Diese Tatsache ist ein weiteres Argument für die hohe Relevanz von Qualität, Qualitätsbewusstsein und die Notwendigkeit von klaren, den gesamten Prozess umfassenden Qualitätskriterien in der Markt- und Sozialforschung.