ADM fordert zum wiederholten Male, umfänglich und korrekt über die Entstehung und Aussagekraft von Umfrageergebnissen zu informieren
Berlin, 19. Juni 2023
Berlin, 19. Juni 2023 – Die aktuelle Diskussion um die am vergangenen Wochenende von der Hilfsorganisation „Plan International“ veröffentlichte Umfrage zum Thema „Männlichkeitsbilder sowie Gewalt gegen Frauen“ zeigt einmal mehr die Wichtigkeit eines verantwortungsvollen und kompetenten Umgangs mit Umfrageergebnissen; insbesondere, wenn diese in den Medien veröffentlicht werden.
Im vorliegenden Fall wurden Teile der Pressemitteilung von einer Vielzahl von Medien und Nachrichtenagenturen zunächst mehr oder weniger unkommentiert und ungeprüft in die Berichterstattung übernommen, obwohl für die Studie noch keine Details zu Stichprobe, Methodik und zu den gestellten Fragen verfügbar waren. So wurde zunächst in der Berichterstattung davon ausgegangen, dass die Studie für die Gesamtbevölkerung steht, was nicht der Fall war, da nur die Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen befragt wurde. Auch fehlte der Hinweis darauf, dass die Befragung in einem Online-Access-Panel stattgefunden hat. Inzwischen haben einige Medien ihre Berichterstattung überarbeitet und auch „Plan International“ hat weitere Details zur Studie veröffentlicht.
Der ADM nimmt die Diskussion um diese Studie zum Anlass, zum wiederholten Male sowohl die Auftraggeber*innen von Umfragen als auch die Vertreter*innen der Medienbranche aufzufordern, umfänglich und korrekt über die Entstehung und Aussagekraft von Umfrageergebnissen zu informieren und aufzuklären. Zudem weisen wir auch die durchführenden Institute auf ihre Mitverantwortung hin. Sollten falsche oder eindeutig irreführende Darstellungen und Interpretationen der Untersuchungsergebnisse in der öffentlichen Berichterstattung erkannt werden, so müssen auch die Institute geeignete Maßnahmen zur Berichtigung ergreifen und den Auftraggeber sowie die entsprechenden Medien darauf hinweisen.
Zudem sollte für jede Veröffentlichung abgewogen werden, welche Art von Kommunikation im jeweiligen Einzelfall die richtige ist. Nicht immer ist dies eine einfache Pressemitteilung, insbesondere dann nicht, wenn es sinnvoll erscheint, Ergebnisse in einen Kontext zu bringen und verschiedene Seiten zu beleuchten. In solchen Fällen empfiehlt der ADM persönliche Formate wie Pressekonferenzen oder (Online-)Tagungen. Hinweise zur korrekten Information rund um Umfrageergebnisse finden sich im ICC/ESOMAR-Kodex und in den Richtlinien und Standards der deutschen Verbände sowie im Pressekodex.
Um diese Anforderungen nochmals kompakt zu bündeln und noch mehr Transparenz einzufordern, wird der ADM gemeinsam mit den anderen Verbänden eine Richtlinie zur Veröffentlichung von Umfrageergebnissen der Markt- und Sozialforschung in den Medien erarbeiten. Zudem arbeitet der ADM aktuell im Rahmen der „Qualitätsinitiative 2.0“ an weiterführenden Leitlinien zum Thema Datenkompetenz/Data Literacy in der Branche, in den Medien sowie in der breiten Öffentlichkeit.
Roland Abold, Vorstand des ADM: „Es ist heute wichtiger denn je, dass wir uns an Regeln für die Veröffentlichung von Umfrageergebnissen halten, um allen Stakeholdern die Möglichkeit zu geben, die Ergebnisse einer Umfrage angemessen einzuschätzen und zu bewerten. Die Verantwortung für eine korrekte Kommunikation liegt bei denjenigen, die die Ergebnisse veröffentlichen. Gleichzeitig sollten die Medien die Ergebnisse kritisch hinterfragen und sich über ihre Entstehung informieren, insbesondere wenn eine große öffentliche Aufmerksamkeit vermutet wird oder es sich um kontroverse Themen handelt. Dies erfordert natürlich ein hohes Maß an Datenkompetenz. Wenn es Zweifel an der Aussagekraft einer Studie gibt, muss von einer weiteren Verbreitung abgesehen werden.“
Ungeachtet aller methodischen Diskussion möchten wir nachdrücklich betonen, dass jegliche Form von Gewalt inakzeptabel ist und zur Anzeige gebracht werden muss. Der Schutz von Schwächeren, wie Frauen, Kindern, älteren Menschen, Menschen mit Behinderung, sozial Benachteiligten oder anderen Gruppen, die systematisch benachteiligt werden muss oberste Priorität haben. Daher sollten Aktionen, die Gewaltprävention fördern, von uns allen unterstützt werden.